Das menschliche Gehirn ist kein Speicher, in den man einfach etwas hineinlegen kann, d.h. das Gedächtnis funktioniert nicht nach dem Prinzip eines Tresors, in dem man seine Informationen ablegen kann, sondern nach dem Prinzip eines Orchesters, in dem alle Musiker für ein Musikstück zusammenspielen müssen, d.h. wenn eine Erinnerung aus dem Gedächtnis abgerufen wird, müssen dafür die verschiedenen Zentren mit ihren Nervenzellen zusammenarbeiten.
Damit ein Eindruck überhaupt als Erinnerung abgerufen werden kann und nicht gleich wieder verschwindet, muss er mehrere Stufen durchlaufen, d.h. fast alles, was man erlebt, wahrnimmt, sieht, hört oder riecht, hinterlässt zwar Spuren im Gehirn, aber das heißt nicht, dass man sich später daran erinnert, denn um sich langfristig an etwas erinnern zu können, muss die Information ins Langzeitgedächtnis gelangen. Dazu muss sie verschiedene andere Regionen des Gehirns durchlaufen: Zunächst gelangt die Information – sei es ein Gesprächsfetzen mit dem Nachbarn oder der Geschmack eines Getränks – für ein paar Sekunden ins Ultrakurzzeitgedächtnis. Wird sie dort als relevant eingestuft, gelangt sie ins Kurzzeitgedächtnis und von dort schließlich ins Langzeitgedächtnis, sofern sie nicht selektiert wird. Nicht alles bleibt im Langzeitgedächtnis hängen, aber es ist ein wichtiger erster Schritt.
Wenn man sich also an etwas erinnern will, muss man sich darum bemühen, dass diese eine Information irgendwie in unser Langzeitgedächtnis gelangt, wobei der Hippocampus diesen Übergang ins Langzeitgedächtnis organisiert, was vor allem nachts im Schlaf geschieht. Trotzdem kann ein Mensch nicht bewusst entscheiden, sich an das Datum des Geburtstags eines Freundes zu erinnern, aber Informationen werden eher im Gedächtnis behalten, wenn man sie mit dem bereits vorhandenen Netzwerk verknüpfen kann, so dass diejenigen, die mehr wissen, sich leichter an zusätzliche Informationen erinnern.
Wer etwas langfristig behalten will, muss Informationen immer wieder bewusst mit vorhandenem Wissen verknüpfen und versuchen, neu erworbenes Wissen oder zusätzliche Informationen sofort anzuwenden, z. B. indem er mit jemandem darüber spricht, es aufschreibt oder ein Problem damit löst. Im Idealfall greift das Gedächtnis am nächsten Tag darauf zurück, denn dann stehen die Chancen gut, dass die Information noch lange im menschlichen Gedächtnis abrufbar ist.
Insbesondere Erinnerungen, die mit Emotionen verbunden sind, bleiben lange abrufbar, und auch Informationen mit starkem Ich-Bezug werden viel eher gespeichert als Informationen ohne direkten persönlichen Bezug. Das menschliche Gedächtnis speichert immer Inhalte mit einer gewissen Emotionalität, denn wenn die Information mit etwas Positivem verbunden ist, bekommt die gesamte Erinnerung einen positiven Beigeschmack, während etwas, das negativ endet, natürlich eher negativ in Erinnerung bleibt. Positive Erinnerungen sind vor allem deshalb wichtig, weil sie die Grundlage dafür bilden, wie man in die Zukunft blickt, denn die Erinnerung entscheidet, wie man in die Zukunft blickt, ob mit Hoffnung und Vorfreude oder mit Verzweiflung und Frustration.